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Pokersteuer ab 01.07.2021 in Deutschland. Wie sie vermutlich berechnet wird und wer diese überhaupt zahlen muss erfährst Du hier. Zumindest meiner Meinung nach. Eins vorab – alles halb so wild.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 30.03.2021 einen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes und der Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetz beschlossen. Entscheidend für Online Poker ist der Abschnitt 5 des Entwurfs, also die Paragraphen 46 bis 55.
Danach ist jeder Spieler der in Deutschland wohnt steuerpflichtig. Steuerschuldner ist jedoch nicht der Spieler selbst, sondern der Betreiber der Pokerplattform.
Dies ist für Plattformen, die Ihren Sitz innerhalb der EU oder einem entsprechendem Vertragsstaat haben bindend. Plattformen die diese Voraussetzungen nicht erfüllen sollen der deutschen Finanzbehörde einen steuerlich Beauftragten innerhalb Deutschlands nennen.
Die erhobene Pokersteuer beträgt 5,3 Prozent. Das ist wohl der Wert der die meisten interessiert.
Die Pokersteuer wird fällig, sobald der Spieler sich an den Tisch setzt und seine erste Karte erhält. Sie endet, wenn der Spieler den Tisch verlässt.
Für die Berechnung der Pokersteuer bei Turnieren ist dies recht einfach zu berechnen. Die 5,3 Prozent werden erhoben auf das Buy-In, das evtl. Rebuy und evtl. weitere Addons. Das war es dann. Ach ja, und von einem evtl. Gewinn muss der Pokerraum auch noch 5,3 Prozent Steuern abführen.
Bei Cash-Games wird das ganze etwas komplizierter,
Die Pokersteuer wird auf den für den Spieler am Tisch verfügbaren Betrag (Stack) erhoben. Sie wird nicht für jede einzelne Hand erhoben, sondern wird fällig, wenn man den Tisch betritt und die erste Hand erhält und berechnet sich nach dem Betrag, dem man am Tisch hat, wenn man diesen verlässt. Soweit meine persönliche Interpretation.
Der entscheidende Passus bezüglich der Bemessungsgrundlage lautet:
“Dieser Betrag ist für das Betreten des Tisches und damit zur Spielteilnahme aufzuwenden und steht während des gesamten Spiels bis zum endgültigen Verlassen des Tisches zur Disposition. Entsprechend den Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag (§ 22b Absatz 2 GlüStV) kann dieser Betrag auch im Laufe des Spiels nicht überschritten werden. Erhöht oder vermindert sich hingegen im Laufe eines Spiels der für den Spieler am Tisch zum Setzen zur Verfügung stehende Betrag durch zwischenzeitliche Gewinne oder Verluste, hat dies keinen Einfluss auf die
Bemessungsgrundlage. ”
Das ganze mal einem Beispiel dargestellt. Ich betrete den Tisch mit 100 Dollar und verlasse diesen mit 50 Dollar. Dann werden die Steuern auf die 50 Dollar erhoben. Verlasse ich den Tisch mit 200 Dollar, dann wird die Steuer auf 200 Dollar erhoben. Verlasse ich den Tisch mit 0 Dollar, wird auch keine Steuer erhoben.
Allerdings ist hier auch eine andere Interpretation möglich, nämlich dass grundsätzlich immer 5,3 Prozent auf den am Anfang des Spiels vorhandenen Stack erhoben wird. Für wahrscheinlicher halte ich jedoch die zuerst beschriebene Variante.
Das ganze dürfte auch für die ZOOM- und GoFast-Varianten gelten. Alles andere dürfte zu einer Übersteuerung führen, die explizit ausgeschlossen werden soll.
Da die Pokersteuer von den jeweiligen Pokerplattformen zu entrichten ist, wird man als Spieler davon vermutlich nichts mitbekommen. Ich vermute mal, dass das Rake vielleicht um ein Prozent erhöht wird, aber das dürfte es dann auch schon sein.
Wenn ich mich nicht irre, dann gibt es eine Pokersteuer bereits in Frankreich. Der Anbieter Winamax, mit seinem Geschäftssitz in Frankreich, führt bereits Steuern an den französischen Staat ab ohne das ich als Spieler davon etwas mitbekomme. Dafür ist das dort erhobene Rake etwas höher als bei anderen Plattformen. Allerdings hat Winamax nicht das höchste Rake.
Meiner Meinung nach muss man als Amateur sich bei den aufgezeigten Veränderungen keine Sorgen machen. Ob das für Profispieler auch gilt vermag ich nicht abzuschätzen, ich vermute aber, dass dies auch keine gravierenden Änderungen nach sich zieht. Denn ansonsten müssten die Spieler ja alle umziehen oder sich den Pokeranbieter mit dem geringsten Rake aussuchen. Aber wie gesagt, ich habe hier keine eigenen Erfahrungswerte.
Einigen Ankündigungen zufolge werden wohl viele Profispieler aus Deutschland wegziehen und sich in England einen Wohnsitz suchen. Nun gut, dass muss ja dann jeder für sich entscheiden. Beim Thema “nach England ziehen” wäre ich allerdings vorsichtig. Wer weiß wie lange die Briten den jetzigen Status Quo beibehalten werden.
Die Interpretation über die Erhebung der Pokersteuer beruht auf meiner persönlichen Einschätzung nach Durchsicht des Entwurfs. Es handelt sich nicht um eine Rechtsberatung. Ansprüche aufgrund meiner persönlichen Einschätzung können nicht geltend gemacht werden.
Es wird nicht die Differenz des Betrags besteuert, die man zwischen Betreten und Verlassen des Tisches hat, sondern das gesamte Buy-In. Das heisst, ein Spieler betritt mit $100 den Tisch und das wird dann sofort zur Gänze besteuert, so dass zum Spiel statt der $100 nur $94,70 zur Verfügung stehen. Diese Steuer ist völlig unabhängig davon, wie viel eingesetzt wurde, wie viele Hände mit dem Buy-In gespielt wurden oder wie viel gewonnen oder verloren wurde.
Technisch ist es noch eine Frage, wann genau die Steuer erhoben wird. Beginnt das Spiel schon dann, wenn irgendein Spieler Karten zugeteilt bekommt, oder wenn genau dieser Spieler Karten zugeteilt bekommt, unabhängig davon, wie viele andere Spieler schon Karten bekommen haben? Das macht einen wichtigen Unterschied aus.
Beispiel 1: es wird dann besteuert, wenn irgendein Spieler Karten zugeteilt bekommt.
Dann setzt sich der Spieler an den Tisch, wartet eventuell darauf, dass er in die Blindeinsätze kommt, damit er die bestmögliche Situation hat, um einen Blind zu posten, aber da bis dahin andere Spieler schon Karten zugeteilt bekommen und er am Tisch sitzt, läuft das Spiel und er wird er schon besteuert. Steht er dann wieder auf, ohne auch nur ein einziges Spiel gespielt zu haben oder einen Einsatz gezahlt zu haben, ist die Steuer trotzdem schon weg. Er bekommt sie auch nicht zurück. Ein solches Verhalten kann zum Beispiel dadurch motiviert sein, dass für deutsche Spieler ja eine Tischauswahl im neuen Glücksspielstaatsvertrag ausgeschlossen wird, er also nicht sieht, welche anderen Spieler schon am Tisch sitzen, bevor er sich an den Tisch setzt. Dann setzt er sich an den Tisch und entdeckt, nachdem er besteuert wurde, dass die anderen Spieler alles Profis sind, gegen die er nicht spielen will. Oder zumindest kein schwacher Spieler am Tisch sitzt, gegen den er gerne spielen würde. Oder er eine sehr schlechte Position auf einen sehr unangenehmen Gegner hat. Diese übrigens können nach wie vor Tisch- und Sitzauswahl betreiben und damit Jagd auf den deutschen Spieler machen. Der deutsche Spieler kann dem erst nach der Besteuerung ausweichen und selbst keine Jagd auf schwache Spieler machen.
Beispiel 2: es wird dann besteuert, wenn genau dieser Spieler das erste mal Karten zugeteilt bekommt, also wenn er einen Blind postet. Dann wird er wenigstens mindestens ein einzelnes Spiel für diese Steuern spielen können.
Beispiel 3: wie Beispiel 2, jedoch verlasssen die anderen Spieler nach dem ersten Spiel den Tisch, weil er für sie unattraktiv geworden ist. Das könnte insbesondere für Profis wichtig sein, aber auch für ambitionierte Amateure in kleinen Limits. Dann hat er zwar seinen Blind gepostet und unter Umständen ein Spiel gespielt, die Abgabe gemessen pro hundert Hände betrug dann aber 530 Blinds. Das ist ungefähr hundert mal so viel wie der Rake. Ich würde ja sagen, das ist schon verdammt viel. Auf jeden Fall so viel, dass die deutschen Profis bereits zu grossen Teilen ins Ausland umgezogen sind, um nicht unter diesen Bedingungen spielen zu müssen. Das plötzliche Zusammenbrechen von Tischen ist häufig zu beobachten, das ist also keine nur theoretische Situation.
Und ja, eine Abgabe bis zu 530 Blinds auf 100 Hände ist auch für den Amateurspieler völlig untragbar.
Selbst wenn dieser Spieler dazu käme, 100 Spiele für das Buy-In spielen zu können, ist die Steuer sehr hoch, auch gemessen am Rake. Da die Steuer direkt vom Stack abgezogen wird, ist sie effektiv bezogen auf das, was zum Spielen zur Verfügung steht, mehr als 5,3%. Nämlich 5,3/94,76 = 5,6% zusätzlicher Rake. Das ist erheblich viel, für Cashgame Spieler untragbar viel und auch für Turnierspieler eine grosse Belastung.
Zum Vergleich: eine Gewinnquote von 4 Blinds auf 100 Hände gilt bereits als gut. Bei einer Steuer von mehr als das ist der Versuch, noch etwas zu gewinnen, selbst für die meisten besseren Spieler so gut wie aussichtslos. Schlechtere Spieler werden zusätzlich belastet. Der Verfolgungsdruck auf die schlechteren Spieler wird damit viel höher. Das Prinzip des hohen Verfolgungsdrucks hat in der Vergangenheit schon zu schwierigeren Spielbedingungen für alle geführt, weil die schlechtem Spieler dem ausweichen. Das wird auch in Zukunft so sein.
Man kann sich also ausrechnen, was passieren wird: das Prinzip, dass im Internet die bessere Welt nur einen Mausklick entfernt ist, hört deswegen nicht auf, zu existieren. Wenn man sich in den Kopf gesetzt hat, dem Verbraucher die schlechteste aller Welten anzubieten, um ihn so hart abzuzocken wie nur möglich, was wird er da wohl tun? Genau das, was er die letzten 20 Jahre schon getan hat. Er wird wie bisher mit dem Mausfinger abstimmen. Er weiss ja, wie das geht. Und was die Legalität betrifft. Man kann sich auf den Standpunkt stellen, dass der Veranstaltungsort da ist, wo der Veranstalter seinen Sitz hat. Dort ist das Angebot völlig legal. Es macht dann keinen Unterschied, ob man physisch ins Ausland reist, um dort unter den lokalen Gesetzen legal ein Glücksspiel zu spielen, oder ob man nur virtuell verreist. Ausland ist Ausland und dort gelten halt die deutschen Gesetze nicht. Das ist kein juristischer Ratschlag, es werden aber bestimmt viele so sehen, schon weil sie es bisher so gesehen haben.
Ehrlich, es ist mir vollkommen unverständlich, wie man auf die Idee kommen kann, dass der Verbraucher schon zurück kommen wird, wenn man ihm ein noch schlechteres Angebot unterbreitet als bisher. In was für einer Traumwelt leben die? Muss schön sein dort.
Die beste Lösung wäre sicher, wenn Poker endlich auch von den Innenministern als die Sorte von Spiel angesehen wird, die es schon immer war: ein Geschicklichkeitsspiel. Die Finanzämter sehen das schon lange so, die Finanzgerichte auch, selbst das höchste davon, nur die Innenminister weigern sich, sich dieser höchstrichterlichen Einschätzung zu beugen. Danach gäbe es keinen Grund mehr, das Spiel irgendwelchen Sondersteuerphantasien zu unterwerfen, weil es kein Glücksspiel mehr ist. Die Finanzämter bekommen ihr Geld, weil sie die Gewinne der Unternehmen und die der Spieler besteuern und die Spieler nicht mehr ins Ausland flüchten müssen, weil das Spiel für sie nicht untragbar teuer geworden ist und die ganzen verbraucherfeindlichen Einschränkungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag nicht mehr gelten.
Wenn Du der Meinung bist, dass für die Versteuerung lediglich der Stack beim betreten des Tisches relevant ist, dann lässt sich die Steuer doch minimieren. Man geht mit dem kleinstmöglichen Stack an den Tisch, wartet bis einem die erste Hand zugeteilt wird und erhöht anschließend auf einen Fullstack.
Für viel wahrscheinlicher halte ich folgende Regelung:
Wann wird die Steuer fällig? Sobald man die erste Hand am Tisch bekommen hat.
In welcher Höhe wird sie fällig? Die Höhe beträgt 5,3% des beim verlassen des Tischs vorhandenen Stacks.
Natürlich kann ich nicht ausschließen, dass die hiesigen Finanzämter das komplett anders sehen und sich abstruse Begründungen für eine andere Methode einfallen lassen. Da es sich aber um eine kleine Steuer von jährlich bis 350 Mio. Euro handelt, gehe ich davon aus, dass die Besteuerung einfach und nachvollziehbar werden wird.
Deine Befürchtung, dass man nach einer gespielten Hand den Tisch wieder schließen muss ist wohl extrem selten und mir in all den Jahren noch nicht vorgekommen. Ich habe mir mal meine Sessions der vergangenen 10 Tage angesehen. Da ist gerade ein Tisch bei, an dem ich 6 Hände spielen konnte und der Tisch anschließend geschlossen wurde.
Nein, so kann man die Steuer nicht minimieren. Es werden ja die Gesamtaufwendungen besteuert. Da zählen die Nachkäufe dazu.